30.11.2011

Priorat 2007: Gaumensex

"Priorat 2007, das ist Stoff, ganz nah am Wahnsinn,
man könnte auch von großer Kunst sprechen"

Mein Freund und Weinbloggerkollege Torsten "Priorat" Hammer ruft gerade laut in die Weingenießergemeinde hinein und erhebt einen dringenden Appell:

Trinkt Prioratweine aus dem Jahrgang 2007 !

Ich kenne niemanden sonst, der wie Torsten sich so voller Leidenschaft und ehrlich-direkter Begeisterung dem Wein und insbesondere den Gewächsen aus dem Priorat widmet. Und das auch in anregend-sinnlichen Beschreibungen zum Ausdruck bringt. Zitat:

"Priorat 2007, das ist schwarze Magie, eine reife, üppige, zum Teil sehr natursüße Frucht, das ist sündiges Verlangen, Walpurgisnacht und Ketzervollversammlung.
Priorat 2007, das ist Stoff, ganz nah am Wahnsinn, man könnte auch von großer Kunst sprechen.
Priorat 2007, das ist verhext, eine verzauberte und verzaubende Droge, das ist sinnlich wie sündig, das ist das, was die katholische Kirche als Ablass zelebriert und wonach die Unläubigen Schamanentänze vollführen.
Schnüffelstoff, der die Nase beherrscht, aber zugleich so trinkig, dass ein Schluck den nächsten fordert. Gaumensex – das bedarf keiner weiteren Erklärungen, einfach nur sich fallen lassen und genießen…
Ein enorm hohes Niveau, bereits auf “den billigen Plätzen” wird hier die Show zelebriert, aber wer sich höher trinkt, fühlt sich irgendwann einem geheimen Zirkel der Auserwählten zugehörig. Faszinierend, in den Bann ziehend und alle Aufmerksamkeit fordernd.
Egal, ob man dazu Dark Metal, Gothic, Avantgarde oder auch eine Bachsche Fuge auf der Silbermannorgel hört, die Schwingungen zwischen dem Wein und der Musik sind da, nur nichts Banales bitte, keine Böhmische Blaskapelle und keine Schlagerschnulze, hier sind wahre und tiefe Gefühle gefragt – 2007 ist das Jahr im Priorat, welches unter die Haut geht.
...
Und wer jetzt meint, der Priorat – Hammer drehe jetzt völlig durch, der kann sich noch am 2. und 3. Adventswochenende auf der Burg Rabenstein im Hohen Fläming von diesem außergewöhnlichen Jahrgang überzeugen. Bereits auf dem Weihnachtsmarkt der Sinne harren in der Folterkammer einige 2007er auf den Korkenzieher und falls der eine oder andere Weinfreund bereit für eine 2007er Probe jeweils am Samstag abend wäre (inklusive Menü und Übernachtung auf der Burg), wären noch weitere interessante 2007er aus meinem Programm exklusiv mitbringbar."

Näheres hier (klick)

Post zur Prioratprobe bei Torsten, an dem der Weindeuter teilnehmen durfte hier (klick)


27.11.2011

Barolo in München


Der Weindeuter meldet sich aus München. Das ist ja bekanntermaßen die nördlichste Stadt Italiens. Und deshalb gibt es als Wein auf der Hotelbude auch einen von jenseits des Brenners: Barolo 2003 von Fontanafredda (13,5 % / aktuell ca. 24 €). Ein Einstiegsbarolo von einem großen Erzeuger, gewiß. Die 8 Jahre Reife haben diesem Klassiker aber einen schön befriedigenden und baroloarteigenen Touch  gegeben. Duftet nach eingelegten Pflaumen und Orangenzeste. Im Mund nicht fett, changiert zwischen welker Süße und herbstlicher Herbheit. Ein Wein zu dem man ein paar selbstgemachte Tortellini mit Steinpilzfüllung vor sich haben sollte, mit großzügig gehobelten Trüffelscheiben obendrauf...

Ein Barolo Menü vor einem Jahr beim Genießer (klick hier).

25.11.2011

Aldi Gourmandise: Bordeaux und Sushi

Aldi, der größte Weinhändler Deutschlands. Ca. 20% des deutschen Weinabsatzes gehen über die Konten der "Albrechts". In Sonderaktionen tauchen gelegentlich Genußperlen auf, auch die Fritz Keller - Weine (klick) kann man durchaus kaufen. Ansonsten geht es hier um die Basisklasse, die (wein)alkoholische Grundversorgung der Deutschen, um die sich auch Cordula Eich so liebevoll kümmert.

Aldi Nord soll ja jetzt in Sortiment und Aufmachung aufgemöbelt werden. Das ist nötig, denn im Aldi - Südreich geht es seit jeher schon etwas gediegener zu.
Ein Besuch einer Süd - Vorzeigefiliale in Mülheim an der Ruhr, der Heimatstadt der Albrechtbrüder: Sehr hell, sehr groß, Backautomaten, es duftet, 5 Kassen geöffnet, für Aldi unerwartet großes Sortiment. Im Kühlregal finden sich kleine Sushiboxen (6 Stk. / 2,99€). Dazu einen Bordeaux aus dem Aktionsweinregal (Chateau Begadanet 2008 Cru Bourgeois Medoc Vignobles Figerou (13.% / 4,99€) und fertig ist die low-budget Version von Bordeaux und Sushi. Nicht lachen, das hat seinen Reiz. Wurde in einer Probe mit Hendrik Thoma im Mövenpick Weinkeller in Dortmund vor einiger Zeit bewiesen und mit Sushi von Steffen Henssler im Hamburger Hafen untermauert. Zum Nachlesen hier und hier klicken.
Damit kann die Aldi Version nicht mithalten. Der kleine Bordeaux hatt da noch den besseren Part. Der steht nämlich überraschend duftig im Glas und bietet auch im Mund genügend Stoff. Etwas rustikal aber keineswegs  ein grüner Bitterling, wie häufig in dieser Preisklasse. Das Sushi allerdings, typisch für solche Boxen, ist zu reislastig, der Reis auch zu neutral, zu wenig pikant gesäuert.

Noch was aktuelles zu Aldi. Im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen beginnt morgen die Ausstellung »I love ALDI« . Zitat: "Nicht nur in Arbeiterstädten wie Ludwigshafen hat die »Aldisierung« als Gegenmodell zum Luxus-Markenfetischismus alle Einkommens- und Bildungsschichten erreicht und mit dem Billig-Virus infiziert. Das Wilhelm-Hack-Museum widmet sich nun erstmals konsequent dem Thema »Discount« und »billig«. Unter dem Titel »I love ALDI« reflektieren 38 Künstlerinnen und Künstler teils unmittelbar, teils im weiteren Sinne Fragen der industriellen Lebensmittelproduktion, der Billigware und des postmodernen Konsumverhaltens."

Auch hier beim Genießer: Beiträge des Ruhrgebiets zur kulinarischen Welt, Teil IV: Aldi (klick)


22.11.2011

Dornrößchen - "Schmusewein" aus Dornfelder und Rosenmuskateller


Nach den "Romantikweinen" vom Mittelrhein (klick) hatte der Weindeuter vor ein paar Tagen schon wieder einen "Schmusewein" im Glas, einen absoluten Exoten aus Rheinhessen: "Dornröschen" Dornfelder & Rosenmuskateller vom Weingut Jean Buscher (10,5% 10€).

Puristen könnten jetzt hier abwinken und einwenden, es muß ja nicht jede flüssig gewordene Marketingidee getrunken werden, die sich deutsche Winzer auf der Suche nach Absatz ausgedacht haben. Hier würde man aber einen interessanten Aromenkick verpassen. Außerdem ist die ganze Aufmachung des Dornröschens mit der bedruckten Flasche in Rosa und Gold so, naja, kitschig, daß es mich schon wieder anmacht.
Die Verbindung vom Massenträger Dornfelder mit dem duftigen Rosenmuskateller ist auf jeden Fall gewagt. Jean Raphael Buscher hat die Rebstöcke schon vor Jahren auf einem kleinen Rebstück in bester Lage angepflanzt, das ganze in Versuchsanbau. Der selten angebaute Rosenmuskateller, eigentlich in Norditalien zu Hause, ist floral-duftig mit zarter Natursüße. Das kommt im Dornröschen schön heraus, das bildet sozusagen die Obertöne des Weins. Der Dornfelder sorgt für das blickdichte Rot und die pralle Frucht, Süßkirsche satt. Sehr weich, keine Säure, gut kühlen, ich würde hier 14 Grad nicht überschreiten.
Fazit: Ein enorm süffiger Genuß, leicht und gleichzeitig auch stoffig, dabei mit 10,5% moderat im Alkohol. Ein femininer Wein, der auch denen schmeckt, die gar keinen Rotwein mögen...

Auf dieser Basis gibt es es auch noch "Dornröschen" Sekt und Likör. Außerdem erzeugt das Weingut Jean Büscher ("von Könnern für Kenner") auch einen Dornröschen Weißwein aus Muskateller- und Gewürztraminertrauben. 

Zitat: "Der fruchtige Geschmack regt unsere Vorstellungskraft
an und lässt die Märchenfigur der 
Königstochter Dornröschen vor unserem
inneren Auge Gestalt annehmen."



19.11.2011

Rhein- und Weinromantik: Vorspiel & Leichtsinn



Ein romatisches Wochenende am Rhein, ohne Winzerbesuch, ohne Verkostungsmarathon. Stattdessen Kultur, im Arpmuseum Bahnhof Rolandseck gibt es eine schöne Ausstellung zum Thema Rheinromantik: Die Landschaft zwischen Drachenfels und Loreley, deutscher Mythos und Tourismusmagnet.
Doch ganz ohne Wein geht es natürlich auch wieder nicht. Südlich von Bonn beginnen ja die Reben. Der nördliche Mittelrhein zwischen Koblenz und Königswinter ist in dieser Hinsicht jedoch eher spärlich ausgestattet. Es gibt nur eine Handvoll Winzer, die sich um Erhalt und Bewirtschaftung der Rebhänge kümmern.
Das Weingut Scheidgen liegt direkt am Rhein im Winzerort Hammerstein zwischen Rheinbrohler Ley und der Burgruine Hammerstein. Erzeugt wird, wie häufig bei kleinen Familienweingütern in Deutschland, eine ausufernde Palette. Neben Rieslingen aus verschiedenen Lagen gibt es Weiß- und Grauburgunder, Rivaner, Müller-Thurgau, Chardonnay, Dornfelder, Spätburgunder und blauen Portugieser, jeweils noch in verschiedenen Qualitätsstufen und Süßegraden. Dazu kommen noch Sekte und Destillate. Georg Scheidgen hat außerdem ein Faible für anspielungsreiche Weinnamen. Es gibt einen Riesling "Vorspiel" und einen Perlwein "Leichtsinn".
Wenn man es jetzt böse meinte, könnte man sagen, daß das gut in die Gegend passt. Im Nachbarort Bad Hönningen zum Beispiel ist an den Wochenenden Dauerparty. In der berüchtigten Schmiedgasse geht es zu wie am Ballermann zu seinen besten Zeiten, Ringelpiez mit Anfassen inklusive (klick).
Wie auch immer, die beiden probierten Scheidgenweine boten süffigen unkomplizierten Genuß. Der Riesling "Leichtsinn" 2010 (Deutscher Perlwein mit gärungseigener Kohlensäure 11% / 6€) ist duftig, leicht, frisch und rutscht bei gehörig enthaltener Restsüße gut weg. Hammerstein Riesling "von den Terrassen" 2010 (halbtrocken 12% / 7€) lockt mit saftiger Aprikose und schönem Süße-Säurespiel.







18.11.2011

Weinexperte Neuer


Heute beim Jauch - Promiraten: 4 Rebsorten, davon eine Grundlage für "renommierte Rotweine". Manuel Neuer zögert, grübelt etwas über den Chardonnay nach, entscheidet sich dann aber doch für den Cabernet. Treffer !


09.11.2011

Südtirol: "Moscato Giallo" von Manincor




Eine Erinnerung an die Osterwoche in Südtirol (klick), einfach mal eine der mitgebrachten Flaschen aufgezogen. Das weckt Erinnerungen und bringt so etwas Glanz in den Alltag. Außerdem passt der Wein farblich in das schöne Herbstwetter...

Moscato Giallo 2010 Manincor / Kaltern (12,5% / 10€) Spektakuläre, mit viel Geld vor einigen Jahren von Michael Graf Goëss-Enzenberg wiedererweckte Kellerei mit Blick auf den Kalterer See. Hier wird mit großem Aufwand biodynamisch produziert. Der moderne unterirdisch angelegte Keller sieht aus wie die Kulisse aus einem James Bond - Film der 70er Jahre. Verkostet wurde seinerzeit schon der Lagrein des Hauses (klick hier).
Seit der Verkostung im Frühjahr hat sich der Goldmuskateller entwickelt. Im Glas schimmert es farblich dunkler, jetzt ein nobles hellblankes Gold. Aromanase, feine Frucht, reife Birne, Blumenstrauß mit Kräutern, steigert sich alles nach Lüftung. Am Gaumen nimmt der Moscato dann richtig Platz, entwickelt schöne Spannung zwischen Schmelz und Säure. Um Mißverständnissen vorzubeugen, eventuell auch wegen der Rebsorte Goldmuskateller: Süße hat der Kandidat nicht. Der könnte sicher auch Rieslingfreunde befriedigen.


Manincor: Alter Herrensitz und neuer unterirdisch angelegter Keller,
Anlaufpunkt für Wein - und Architekturfreunde




05.11.2011

Kleine Nordsee - Probe: Hollandwein, Ahr, Midi


Manchmal hat der Weindeuter auch Glück. So geschehen im Herbsturlaub an der nordholländischen Küste, genauer in Egmond aan Zee, um 8 Uhr morgens beim Frühstückseinkauf im 't Winckeltje, einem kleinen Käse und Delikatessenladen. Da probierte in der Frühe der Inhaber nämlich einige Weine, die ihm neu für sein kleines Weinregal angeboten wurden. Nach einigen neugierigen Blicken durfte ich mitverkosten. Und siehe da, es waren Rote und Weiße von Rebstöcken, die, nur ein paar Kilometer von der Küste entfernt, auf den saftigen Sand und Lehmböden des Polderlandes  hinter Alkmaar wachsen.
"Hollandwein" hab ich ja schon öfters probiert, das Thema hat Höhen und Tiefen (hier dokumentiert, klick). Was sich hier hinter den hübsch-häßlichen Windmühlenetiketten verbarg, war allerdings durchaus trinkbar. Also wurde mit einem Weinfreund eine Spontanverkostung am Strand organisiert. Die beiden "Nordholländer wurden dabei verstärkt um einen Roten von der Ahr und um zwei Südfranzosen.

Kontrastreiche Weine im Härtetest

  • Solaris (weiß) 2010 + Rondo (rot) 2009 Wijngaard Noordland (11,5% + 12% / je 8,90€) In Noord-Scharwoude begann Johan Stoop, de wijngaardenier 2005 mit dem ersten Setzen von Rebstöcken, allesamt auf Pilzresistenz gezüchtete Sorten. Der Wingert liegt 3,70 Meter unter dem Meeresspiegel. Auf mittlerweile 3000 qm Rebfläche stehen neben Rondo und Solaris auch noch die weiße Palatina und die rote Salomé. Hört sich romantisch an, und das ganze Projekt wird sicher auch mit viel Liebe betrieben. Aber wie schmecken die Weine ?
    Der weiße Solaris kommt recht traubig in die Nase, leichter Muskatellertouch. Im Mund dann frisch, Säure, Zitrus, schlank. Nicht sehr nachhaltig, ein Gaumenflüchter. Der rote Rondo ist überraschend farbstark, kirschfruchtige Nase, auch im Mund frisch, durchaus süffig-saftig, wurde mit zunehmender Kühlung im Seewind immer besser.
  • Frühburgunder 2009 Winzergenossenschaft Mayschoß - Altenahr /Ahr (13% / 15€) Nach den Holländern kommt hier viel Duft ins Glas, delikate reife Kirschfrucht, im Mund Schmelz, voll, sehr gute Länge. Der gute Jahrgang schlägt durch, die Aromatik entspricht aber auch dem Stil der Genossen von der Ahr. Verblüffend die Standfestigkeit der Flasche, nach 4 Tagen war der Rest noch ein guter Genuß. Keine nennenswerte Zunahme der Säure, feine rauchige Tabakwürze.
  • "Lou Maset" 2009 Domaine D ´Aupilhac / Languedoc (13,5% / 9€) Ein Sprung nach Süden, der Einstiegswein dieser bekannten Domaine aus Montpeyroux. Hier sind die klassischen Rebsorten des Midi drin: Grenache, Cinsault, Carignan, Syrah, Mourvedré. Hat die für gute Midiweine schöne und lebendige Mischung aus dichter Frucht, Pfeffer, Lakritz und sanften Gerbstoffen.
  • "Les Nobles Pierres" 2005 Chateau de Lascaux Pic Saint Loup (14% / 16€ / 80% Syrah, 20% Grenache) Hier wird die Latte noch einmal deutlich höher gehängt. Sehr reichhaltiger und kräftiger Wein in schönster Entwicklung. Natürlich eine satte dunkle Frucht, das erwartet man, dieses schöne Süßespiel von reifen Beeren, Trockenpflaume, Rumtopf. Dahinter und danach aber auch ein herrlich finessenreiches Kräuterspiel, Menthol, Zimt, eingelegte Oliven. Im Mund füllig, cremiger Gaumendruck, den man sich gerne gefallen läßt.